Die dramatische Entwicklung dieses Films kann jeder mitfühlend nachvollziehen :
Unsere Heldin wächst mit ihren Kindheitsträumen auf, verwitwet in der ersten Liebe,
fühlt sich gezwungen, eigenes Kind für die Berufung zu verlassen, geht aus eigener
reichen und wohligen Heimat weit weg, um in der Ferne und Kälte eine neue zu errichten,
verliert ihre besten Helfer, wird durchs Feuer ruiniert, sieht ihre beste Freundin
sterben, wird von eigenem Staat verraten, fühlt sich am Ende der Welt alleine gelassen
und steht dennoch durch, um endlich vor dem Tod sagen zu können: "Auftrag
erfüllt".
Sie fragen mich, warum mir ein Film über diese Marie Guyart so am Herzen liegt? Ganz
einfach: weil sie so reell ist und weil sie ihr Leben auf der extremen Suche nach der
Wahrheit lassen mußte. Außerdem geht dieser Film, so glaube ich, dem mystischen Aspekt
der menschlichen Natur auf den Grund. Es gibt schon einige Kinogeschichten über Helden
des Christentums mit ihren Stimmen und Visionen; jedoch wenige berichten über die
Emotionen, die dabei hervorgerufen werden. Was ich hier vorschlage, erscheint mir nicht
sehr geläufig und originell. Der mystische Aspekt wird sehr wohl in den Horrorfilmen
behandelt, wo der Teufel den Menschen beschwört, und diese Filme sind stets große
Kassenerfolge. Das Gegenphänomen ist aber noch nicht viel behandelt worden. Ich glaube,
wenn wir die Lebensabschnitte von Marie Guyart, so wie sie diese ihrem Sohn vertraulich
beschrieb, verfilmen, werden wir eine einzigartige Darstellung bieten können und ein
Drama schaffen, das bei den meisten Zuschauern Anklang finden wird.
Das Drehbuch ist auf einer historischen Wahrheit basiert. Zumindest glaubte daran Marie
Gyuart als sie die Geschichte niederschrieb. Das "Autobiographische Bericht vom Jahre
1654" unserer Hauptfigur wird heute als "größtes mystische Werk der
französischen Literatur" angesehen. Darin teilt sich eine Mutter in tiefster
Vertraulichkeit ihrem Sohn mit. Unsere dramatische Hypothese geht von der folgenden
Haltung aus: "Was wenn das alles wahr ist?" Nicht umsonst werden Studien über
Marie Guyart seit drei Jahrhunderten immer spannender und zahlreicher.
Die Originalität unserer Methode beruht auf der Einsicht der Texte, der verschiedenen
Studien und auf einer Überlegung, die seit Jahren reift. Die Dramaturgie entwickelt sich
folgendermaßen : Eine Frau erhält eine Botschaft. Sie interpretiert sie und reagiert
darauf. Ihre Reaktion drückt sie durch eine gesellschaftliche Handlung aus, die sie zu
einer ganzen Verkettung von Ereignissen führt, so dab sie sich
wieder für eine oder andere Handlung entscheiden muß usw.
Marie Guyart ist eine außergewöhnliche Frau. Von vielen wird sie als "Mutter
Kanadas" angesehen. Ohne sie, scheint es, wäre Kanada anders geworden. Die Franzosen
hätten vielleicht ihr Interesse dafür im Jahre 1649 verloren. Doch wie Sie sehen werden,
blieb Marie Guyart nicht umsonst in diesem Land um "auf das Heim aufzupassen".
Jedoch müssen die Zuschauer unseres Films keine Geschichtsfans oder Liebhaber der
historischen Rekonstruktion sein. Es können einfach Menschen sein, die, wie viele
Jugendliche auf der Identitätssuche, sich schon mal die Frage nach der Wirklichkeit einer
göttlichen Gegenwart und einer kosmischen Macht in unserem Leben gestellt haben. Vielen
Menschen sind irgendwelche merkwürdige oder mystische Dinge passiert, oder sie haben so
etwas von ihren Nächsten gehört. Nach unserem Film werden sich alle fragen: "Nun,
aber wenn das alles wahr ist?" Wenn die Dinge so geschehen sind, wie Marie Guyart
darüber berichtet? Die Stärke des Films besteht darin, dab
diese Frage seit dem Ursprung der Menschheit existiert. Das Geheimnis bleibt seit den
ersten philosophischen Schriften bestehen. Eine gut durchführte Filmregie über Marie
Guyart wird allgemeingültig sein, denn sie führt uns zu den Grundfragen der menschlichen
Existenz zurück.
In Europa sollen die Kulissen reich, prachtvoll, warm erscheinen. Dies kann durch
farbenfreudige Bilder, feine Kleider in einer gezierten Architektur, beruhigendes und
warmes Licht erreicht werden. Das Ganze soll das Wohlsein, Reichtum und die Leichtigkeit
des Lebens zum Ausdruck bringen.
Kanada bietet Marie Guyart den Anblick der unberührten Natur. Bedenken wir nur, dab bei ihrer Ankunft 1639 das Ufer des St-Lorenzstroms nur 250
Franzosen zählte. Im ersten Jahre ihres Aufenthaltes trifft sie auf einen krassen
Kontrast zu allem was sie aus Frankreich kennt auf die eisige Kälte, Krankheiten,
Hunger, Erschwernisse des Alltags. Dies alles soll durch das Realismus der kleinen Geste
ausgedruckt werden. Die Tatsache, dab die "experimentelle
Kommunikation", wie Marie ihre göttliche Träume bezeichnete, auf dem kanadischen
Boden ganz aufhört, zwingt uns zu einer äußerst nüchternen Darstellung ihrer
Beziehungen mit den Urbewohnern. Dank unserer langjährigen Wohnnähe zum Reservat der
Huronen-Wendaten, haben wir uns also mit den echten Urbewohnern verbündet, die unseren
Filmprojekt sich sehr zu Herzen nehmen denn Marie Guyart überliefert auch ihre
Geschichte, die Lebensweise ihrer Vorfahren, ihre spirituelle Haltung, kurzum ihre
authentische Kultur.
Den Aufprall der Kulturen erleben lassen das ist auch ein Ziel meines Projektes.