MARIE GUYART-MARTIN (1599-1672) ist ein aubergewöhnlicher
      Charakter, der im Alltagsleben gar unvorstellbar ist. Sie ist eine Frau der Avantgarde,
      die sich die Freiheit nimmt.
      Als Kind ist sie ein verträumtes Mädchen, welches im Universum eigener Visionen lebt,
      die sie ganz natürlich findet.
      Als Heranwachsende ist sie zwischen der wirklichen und geträumten Welt zerrissen. Sie
      versucht die beiden in Einklang zu bringen, indem sie sich das "normale" Leben
      versagt. Geleitet von einer frühreifen Weisheit, gibt sie jedoch die Revolte auf und
      akzeptiert die Unannehmlichkeiten des weltlichen Alltags: die aufgezwungene Heirat wird
      für sie zu einer Herausforderung. 
      Als Witwe ist sie von ihrer inneren Kraft überzeugt und weicht von dieser Überzeugung
      nie mehr ab. Sie verläßt das Paradies des französischen "Königsgartens" für
      die Hölle Kanadas aus Eis und Feuer.
      
      Als Missionarin wird sie von den Zweifeln zerrissen: eigene Niederlagen, Irrungen ihres
      Sohnes, und besonders das abwesende Schweigen Gottes bringen sie zum Verzweifeln. 
      Wir haben es für wichtig befunden, Marie Guyart von der zarten Kindheit bis hin zum
      Tode zu verfolgen, um alle wichtigsten Etappen ihrer großen Transformation mitzuerleben. 
      ***
      Die persönliche Motivation, die Marie Gyuart charakterisiert, muß von uns mit der
      höchsten Intensität dargestellt werden. Sie wirft sich mutig ins Unbekannte im totalen
      Vertrauen auf einen Instinkt, der sich unserer Verständnis entzieht. Ihre Zuversicht
      bringt sie dazu, ihren 10-jährigen Sohn ihrem Schicksal zu überlassen. 
      
      Maries starke Persönlichkeit provoziert. Ihre Art, direkt in die Augen zu sehen,
      ihre zu emotionsbeladene Reaktionen, ihre Autorität lassen sie bei den Zeitgenossen als
      eine Außerirdische erscheinen. Zu anspruchsvoll zu sich selbst, verlangt sie zuviel von
      den anderen. Jedoch sind diese Eigenschaften auch die einer vorbildlichen Geschäftsfrau. 
      Sie steht ständig alleine alle anderen gegenüber: gegen die Heirat, gegen das
      weltliche Leben, gegen die Überzeugung der Ursulinen. Als der grausame Krieg entfacht,
      bleibt sie alleine in Kanada mit ihren Schwestern, selbst nach der Abfahrt der männlichen
      Missionaren. Ihren letzten Kampf trägt sie gegen das Königliche Regime aus  sie
      schützt die Bewohner gegen die französische Assimilation.
      Diese Frau kann ihren Atem erst in der Ewigen Ruhe schöpfen, an welche sie immer vom
      ganzen Herzen geglaubt hatte.